Unzulässiges Gehwegparken - einschreiten oder tolerieren

(Bauing. Joachim Kaube, Dresden)

 

Veröffentlicht in: VERKEHRSdienst 6/1999 S. 130ff. (Heinrich-Vogel-Verlag München)

 

Ständig steigende Parkplatznot und begrenzte Flächenverfügbarkeit lässt viele Kommunen dazu übergehen, Gehwege für den ruhenden Verkehr freizugeben. Dies hat zur Folge, dass Fahrzeugführer auch nicht freigegebene Gehbahnen befahren. Ein steigendes Unrechtsbewusstsein ist ebenso zu beobachten, wie eine steigende Toleranz der Vollzugsbediensteten zu diesem Problem.

Verkehrsrechtliche Bestimmungen.

Gemäß § 2 Absatz 1 StVO haben Fahrzeuge die Fahrbahn zu benutzen. Somit ist das Befahren von Geh- oder Radbahnen grundsätzlich untersagt. Diese Vorschrift richtet sich ausschließlich an den fließenden Verkehr, da die Spezialbestimmungen des § 12 StVO abschließende Regelungen für den ruhenden Verkehr beinhalten. Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr können demnach nur im Sinne § 12 StVO geahndet werden (z. B. BayObLG VRS 48,456). Der § 12 StVO legt im Absatz 4 fest, dass zum Parken der befestigte rechte Seitenstreifen zu benutzen ist, sonst ist an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren. Verstöße sind gemäß § 49 Absatz 1 Punkt 12 ordnungswidrig

Von diesem grundsätzlichen Parkverbot auf Gehbahnen können die Straßenverkehrsbehörden Ausnahmen erlassen. In bestimmten Einzelfällen kann es erforderlich werden, dass sie für einen Antragsteller unter Beachtung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften zum § 46 Punkte I bis VI VwV-StVO eine Einzelgenehmigung zum Gehwegparken erteilen. Der Nachweis der Dringlichkeit ist vom Antragsteller zu begründen. Die Genehmigungsbescheide im Original mitzuführen und auf Verlangen auszuhändigen.

Kommt eine generelle Zulassung des Parkens auf der Gehbahn für den Allgemeinverkehr in Betracht, so kann mit Zeichen 315 StVO eine Genehmigung ausgesprochen werden. Im Zeichen 315 wird dabei sinnbildlich dargestellt, wie die Fahrzeuge aufzustellen sind. Werden Fahrzeuge entgegen dieser Darstellung aufgestellt, ist dies ordnungswidrig im Sinne § 12 Absatz 3 StVO. Die Erlaubnis zum Parken auf Gehwegen gilt nur für Fahrzeuge bis 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht.

 

Standsicherheit von Gehbahnen

Nach den baurechtlichen Bestimmungen haben alle Verkehrsanlagen den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung zu genügen und den allgemeinen Regeln der Baukunst zu entsprechen. Für Gehbahnen gilt daher eine viel geringere Belastungsklasse wie für Fahrbahnen. Daher setzt die Zulassung des Parkens auf der Gehbahn eine gründliche Prüfung durch die Straßenverkehrsbehörde und die Polizei über die Verkehrssicherheit, sowie des Straßenbaulastträgers über die Standfestigkeit des Straßenkörpers voraus.

Die Standfestigkeit der Verkehrsanlage hängt in erster Linie von der Befestigung des Unterbaues und den vorhandenen Medien in der Gehbahn ab. Fahrzeuge verdichten durch ihr Gesamtgewicht den Unterbau, bringen somit Spannungen in die Medienleitungen, welche dadurch Schaden nehmen oder gar bersten. Wasser- bzw. Gasrohrbrüche sowie schleichendes Baumsterben sind die nach außen spürbaren Folgen dieser Bodenverdichtung. Dabei haben viele Pkw haben trotz ihres geringen Gewichtes die gleiche Wirkung wie wenige Lieferfahrzeuge. Ein zweiter Betrachtungspunkt für die Standfestigkeit einer Verkehrsanlage ist die Gestaltung der Deckschicht. Die beim anfahren oder bremsen entstehen horizontalen Kräfte zerstören dabei nicht ausreichend befestigte Deckschichten der Gehbahn. Gehwegplatten und Pflasteroberbau "wandern" auf dem Untergrund, was zu teilweise erheblichen Unebenheiten und somit zu Gefahrenstellen führt. Auf Bitumendecken kommt es neben Verformungen zu Rissbildungen, welche Wassereintritt ermöglichen. Besonders im den Wintermonaten ist die Zerstörung der Gehbahn nicht mehr aufzuhalten.

 

Fazit

Der ruhende Verkehr, speziell auf Gehbahnen, bedarf der konsequenten Kontrolle und Überwachung. Nur dadurch ist die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung, als auch der Schutz der Verkehrsanlage vor Zerstörungen, möglich. Kommt im Einvernehmen von Straßenverkehrsbehörde, Straßenbaubehörde und Polizei das Parken auf Gehbahnen in Betracht, sind diese Stellen mit Zeichen 315 StVO für die Allgemeinheit freigegeben werden. Eine Freigabe nur mit Fahrbahnmarkierungen ist rechtlich möglich, sollte jedoch im Interesse der Kontrollfähigkeit die Ausnahme sein.

Aufgabe des Polizeivollzugsdienstes ist, Gefahren und Schäden für die Allgemeinheit und den Einzelnen abzuwehren. Dies gilt auch beim Einschreiten im ruhenden Verkehr. Massiv zerstörte Gehbahnen sind Gefahrenstellen, nicht nur für Fußgänger, und kosten dem Straßenbaulastträger jährlich überaus hohe Summen Steuergelder für die Wiederherstellung und für den Schadenausgleich. Unfälle durch stürzende Fußgänger oder Radfahrer sind in allen Zuständigkeitsbereichen der Polizei fast tägliche Praxis. Daher sollte im Zuge der Präsenz der Polizei gegen das nichtbehindernde Gehwegparken ebenso eingeschritten werden, wie bei Behinderungen der Fußgänger mit Kinderwagen und der Rollstuhlfahrer. Der vielfach zu hörende Verweis auf den Gemeindlichen Vollzug, und das zeigt die Praxis, reicht nicht aus, diesen zunehmenden Rechtsverstößen mit aller Entschlossenheit zu begegnen.

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