Telematik NetzModerneNavigatoren

Simmen, Jeannot (Hrsg.)

 

Verlags-Buchhandlung König, Köln 2002, 112 Seiten, kartoniert,  20 € , ISBN 3-88375-547-8

 

gelesen und bewertet von

Prof. Dr. jur. Dieter Müller, Bautzen

Telematik ist, wenn man auf den Verkehr der Zukunft zu sprechen kommt, eines der Schlagworte unserer Zeit. Aber können wir alle mit diesem Begriff auch etwas anfangen? Vielleicht reicht das eigene Wissen oft gerade noch zur Ableitung des Begriffs aus den beiden Ursprungsbegriffen Telekommunikation und Informatik. Für den Bereich des Straßenverkehrs interessiert die Leser der ZVS insbesondere die Verkehrstelematik, also die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechniken im Straßenverkehr. Welches Forschungs- und Innovationspotenzial sich jedoch hinter diesen Begriffen verbirgt, bedarf jedoch eines näheren Eingehens auf die komplexe Materie.

Passende Schlüssel zur Telematik werden derzeit in zukunftsweisenden Kooperationen zwischen Universitäten und der Wirtschaft ersonnen. Dabei wird recht schnell deutlich, dass der Verkehrsbereich zwar der weithin bekannteste Teilbereich der Telematik darstellt, jedoch telematische Anwendungen auch in den vier anderen Bereichen Gesundheitsinformation, Sicherheitsinformation, Gebäude- und Raumplanung sowie allgemein in der Automatisierung zu finden sind. Dementsprechend findet sich bereits in der Einleitung dieses höchst aktuellen Telematik-Readers der Versuch einer weit greifenden Definition der Telematik als eine -moderne Lebens- und Kulturtechnik der Netzgesellschaft- (S. 6).

Bei dem vorliegenden Reader handelt es sich um ein Sammelwerk mit 15 verschiedenen Aufsätzen und thematischen Aufrissen zu den genannten Teilbereichen der Telematik. Neben diese in Umfang und Tiefe höchst unterschiedlich zu bewertenden Beiträge treten die Beschreibungen von 11 Beiträgen zum -Telematik Award 2001-, einem innovativen und interessanten Ideenwettbewerb zu aktuellen telematischen Frage- und Problemstellungen. Im Rahmen dieser Rezension kann allerdings mit Blick auf die Leserschaft lediglich auf den Verkehrsbereich näher eingegangen werden.

Bereits beim ersten Durchblättern fällt neben dem außergewöhnlichen Format (DIN-A 5 quer) die ansprechende und abwechslungsreiche grafische Gestaltung des Buches auf. Die 112 Seiten des handlichen Werkes sind mit 100 Abbildungen, die teilweise sogar weltbekannte Kunstschätze heranziehen (z. B. Michelangelo, -Die Erschaffung von Sonne und Mond-, S. 32) reich und anschaulich bebildert.

Auf die Verkehrstelematik zugeschnittene Beiträge findet man in diesem Reader jedoch nur am Rande. Die Beiträge zum Telematik Award -Die Planung der Reise ...- (S. 82), -traffic jammer- (S. 85),  -Netcar- (S. 86) und -Netalie- (S. 93) widmen sich Fragestellungen der Verbesserung des Individual- und Öffentlichen Personenverkehrs. Diese Beiträge hätten es verdient, nicht nur als Schlaglichter, sondern wenigstens mittels eines näheren Blickes auf die z. T. wirklich interessante Konzeption die einzelnen Beiträge angemessener gewürdigt zu werden. Aber dies war wohl nicht der Ansatz des Sammelwerkes, dessen inhaltlicher Schwerpunkt auf den sechs philosophierenden Beiträgen zu den unterschiedlichen Facetten der Telematik (mit Ausnahme der Verkehrstelematik) liegt.

Aus der vielleicht zu engen Sicht der Verkehrstelematik könnte auf die Lektüre des Sammelbandes leicht verzichtet werden. Jedoch vergibt sich der Leser damit die Chance, einen persönlich gewinnbringenden Blick über den Tellerrand zu werfen.

Der besondere Vorzug dieses Buches liegt nämlich darin, das Thema der Telematik inhaltlich für weitere Fragestellungen zu öffnen, die auf den ersten Blick nicht mit diesem sicherlich allgemein zu technologielastig interpretierten Begriff verbunden werden. Telematik ist deutlich mehr als das Sammeln, die Adaption und der Transport von Datenmengen. Tatsächlich sind die verschiedenen, heute eher noch verschwommenen sichtbaren Aspekte der Telematik dazu geeignet, tief in die Erlebniswelten der heutigen Gesellschaft einzugreifen. Dies auf interessante Erzählweise und mit wirklich anschauenswerten Bildern zu verdeutlichen ist das große Verdienst dieses kleinen Readers, der dadurch seinen Platz in der zukünftig stark anwachsenden Literatur zur Telematik finden wird.