Kirschbaum Verlag Bonn, 1. Auflage 2005, 172 Seiten, Hardcover, 98,00 €
ISBN 3-7812-1618-7
Nicht zuletzt von den Betroffenen einer Fahreignungsbegutachtung wurde den
so genannten „Beurteilungskriterien“, sprich: den zu überprüfenden
Merkmalen der Kraftfahreignung, so weit überhaupt bekannt, bislang mehr
oder weniger der Status einer Geheimwissenschaft verliehen. Dabei handelt es
sich der Sache nach um nicht mehr und nicht weniger als um einen Kriterienkatalog,
der von den Kraftfahrzeugführern positiv erfüllt werden muss, um
Zweifel an einer mangelnden körperlichen und geistigen Eignung auszuräumen.
Damit ist auch schon das Feld abgesteckt, auf dem die Begutachtung potenzieller
Kraftfahrzeugführer stattfindet. Es geht um ihre körperliche und
geistige Eignung, die aus Gründen der Verkehrssicherheit und konkretem
Begutachtungsanlass kritisch, aber auf objektivem Boden hinterfragt werden
muss.
Als Basis solcher Begutachtungen dienten auch bislang schon Kriterienkataloge,
die von Verkehrsmedizinern und Verkehrspsychologen auf der Grundlage langjähriger
Begutachtung in der Begutachtung von Kraftfahrzeugführern individuell
erstellt worden sind. Diese Kriterien sind nun von den beiden Fachgesellschaften,
der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie und der Deutschen Gesellschaft
für Verkehrsmedizin in mühsamer, aber höchst verdienstvoller
Kleinarbeit zusammengetragen und vereinheitlicht worden. Für den in diesem
Werk dokumentierten hohen fachlichen Standard der erreichten Ergebnisse stehen
mit den Herausgebern Wolfgang Schubert und Rainer Mattern die jeweiligen Spitzenvertreter
der beiden beteiligten Fachgesellschaften. Durch die vorliegende Publikation
aus dem Bonner Kirschbaum Verlag werden die Beurteilungskriterien nun der interessierten Öffentlichkeit
zugänglich gemacht.
Ein kurzer Blick auf die Historie der Begutachtung zeigt die Tiefe der Bemühungen
um einen Qualitätsgewinn im Begutachtungsprozess.
Bereits mit dem Jahr 1961 begann unter der Federführung des Verbandes
der Technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) die kontinuierliche Weiterentwicklung
der spezifischen Beurteilungskriterien, mittels derer die Qualität des
diagnostischen Prozesses der Fahreignungsbegutachtung gefördert werden
sollte. In diesem selbstkritischen Prozess der Qualitätsentwicklung und
Qualitätssicherung wurden insbesondere die aus psychologischer, medizinischer
und toxikologischer Sicht anzuwendenden Kriterien und Indikatoren für
die Begutachtung der Fahreignung mehr und mehr detailliert offen gelegt und
nun als komplett neue Publikation einer weiteren fachlichen Diskussion zugeführt.
Die in ihrer Transparenz und fachlichen Tiefe einmalige Publikation richtet
sich zwar primär an die am Begutachtungsprozess beteiligten Psychologen, Ärzte
und Naturwissenschaftler, sowie amtlich anerkannte Sachverständige, ist
aber ebenso gut nutzbar für Verkehrspraktiker und Verkehrsjuristen, die
den Begutachtungsprozess begleiten und hinterfragen. Damit sind insbesondere
Fahreignungsbehörden, aber auch Fachanwälte für Verkehrsrecht
und Verwaltungsgerichte angesprochen, deren Aufgabe es ist, die juristischen
Anliegen der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des Begutachtungsprozesses
kritisch zu begleiten.
Die Beurteilungskriterien sollen – ihrem fachlichen Anspruch nach – den psychologischen
und medizinischen Begutachtern eine zuverlässige Orientierung und Hilfestellung
für die praktische Arbeit bei der Bewertung und Beurteilung der Fahreignung
geben. Rechtstechnisch gesehen handelt es sich also bei dem vorliegenden Kompendium
um eine durch die beiden Fachgesellschaften inhaltlich vereinbarte fachliche
Richtlinie für die Gewährleistung eines professionellen Begutachtungsprozesses.
Zwar bietet allein das Vorhandensein einer solchen Handlungsanweisung zur Begutachtung
noch keine 100 % Gewähr für eine fehlerfreie Begutachtung, jedoch
dürfte der vorliegende Katalog nunmehr den Status quo einer professionellen
Fahreignungsbegutachtung markieren und damit den Rang eines unverzichtbaren
Kompendiums für die Praxis einnehmen.
Inhaltsübersicht
· Vorwort des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
·
Aufgaben der Diagnostik
·
Beurteilungskriterien und Indikatoren
·
Auswertung von Informationen und Befunden
·
Unterschiedliche Qualitäten der Diagnostik
·
Grundsätze der Gutachtenerstellung
·
Hypothesen und Beurteilungskriterien bei Alkohol- und Verkehrsauffälligkeiten
·
Hypothesen und Beurteilungskriterien bei Drogenmissbrauch
·
Chemisch-toxikologische Analysen
·
Drogenschnelltests
Die vorliegenden Beurteilungskriterien werden mit einiger Sicherheit zu einem weiteren Qualitätsgewinn in der Begutachtungspraxis führen können – wenn sie von den vor Ort tätigen Begutachtern in der zu erhoffenden Art und Weise beachtet und angewendet werden. Allein das Maß der professionellen Umsetzung der nun in bislang nicht gekannter Breite und Tiefe vorliegenden Prüfindikatoren kann nun von den Nutzern des Buches an Hand des vorliegenden Maßstabes kritisch überprüft werden. Dieser zusätzliche Kontrolleffekt dürfte einen nicht zu vernachlässigenden Reflex in der Nutzanwendung der auch im Preis-Leistungsverhältnis stimmigen Beurteilungskriterien darstellen.
Prof. Dr. jur. Dieter Müller, Institut für Verkehrsrecht
und Verkehrsverhalten Bautzen